My New Work Teil 2 – Was tun?

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New Work / Old Work Illustration

Wie kommen wir in die schöne neue Arbeitswelt?

Sich Gedanken machen über eine neue Art zu Arbeiten ist ja schön und gut, nur ändert das ja noch nichts. Gut, in unserem Fall habe wir uns die Freiheit genommen etwas zu gestalten, das es unserer Meinung nach brauchte: Einen Coworking Space auf Mallorca für alle diese neuen ArbeiterInnen, die sich ja frei entscheiden können wo sie ihrer beruflichen Aufgaben nachgehen wollen.

Zitat Rainer Schuppe Old WorkInzwischen mussten wir immer wieder feststellen, dass viele Unternehmen, Organisationen und selbst BeraterInnen sehr viel über New Work reden, sich dafür aber erstaunlich wenig Spürbares tut. Ja sogar einige unserer Coworker als Angestellte es geheim halten, dass sie mal eine Woche auf Mallorca arbeiten, da sowohl Kollegen und Kolleginnen als auch Kundschaft so gar kein Verständnis dafür haben.

Ja, altes Arbeiten (old work) findet sich überall, es hatte ja schliesslich zwei ganze Jahrhunderte Zeit sich zu entwickeln und sich in unserer gesamten Gesellschaft zu verankern. Und ein gewisser Neid auf Freiheit ist da scheint’s systemimmanent. Was tun?

Wie komme ich jetzt also zu einer “New Work” Kultur im Sinne von Frithjof Bergmann? Mit von oben verordneten Lego-Zimmern und richtig guten Kaffeemaschinen? Mit Flippern, Kreativecken und ‘Be-Spassern’ (also Personen deren einziger Job es ist dafür zu sorgen, dass sich die Angestellten nicht langweilen sondern wohlfühlen)?

Das kann schon helfen … jedoch kaum, wenn die Organisation mit old work angefangen hat. Das ändert ähnlich wenig wie eine Tapete das Fundament des Hauses umbaut. Die Kultur ist eben dieses Fundament der Workstätte; die Umgebung wird so eingerichtet, wie es die Kultur bedingt, fordert und erlaubt. Umgedreht funktioniert das zwar manchmal auch, dauert aber sehr, sehr viel länger.

Menschen – keine Human-Ressourcen

Um allerdings wieder Menschen im besten Sinne (siehe TED Talk von Yuval Harari – Why did humans become the most successful species on Earth? ) zu bekommen muss das Fundament, sprich die Kultur sich ändern; also aus sich heraus wandeln.

Alle reden von und wollen Innovation – dazu braucht es vor allem Fantasie, Kreativität und die Möglichkeit diese auszuleben. Also im positivsten Sinne zu spinnen. Das beisst sich schon im Grundprinzip mit einer prozessorientierten Kultur, die beispielswiese die so genannte „HR Abteilung“ hervor gebracht hat (HR Human Ressources). Derart werden die „humanen Ressourcen“ verwaltet wie Stückgut in einer Produktionskette mit dem obersten Ziel der Planbarkeit. Der Mensch, das Innovative, Kreative bleibt dabei auf der Strecke.

Ein Vorgesetzter in einem Software-Startup, für das ich einmal arbeitete, bat mich damals das Geheimnis meines Erfolges aufzuschreiben, um es reproduzierbar zu machen. Am besten als Schritt-für-Schritt-Anleitung, also als einem Prozess. Um es kurz zu machen: Er war nicht begeistert von dem Ergebnis.

Ich kam nämlich zu dem Schluss, dass wir deswegen so erfolgreich im Vertrieb waren, weil wir individuelle Klasse hatten und jeder sich auf seine Art einbringen konnte. Vor allem aber, weil jeder einzelne die Probleme des Kunden genau verstand und die Kunden das gemerkt haben. Dazu brauchte es aber Erfahrung in der IT, die nicht einfach so per Script oder Handbuch vermittelt werden kann. Zudem durften sich alle so einbringen, wie sie es wollten und konnten – die Persönlichkeit spielte eine grosse Rolle dabei.

Old Work / New Work Zitat Rainer SchuppeWow, rückblickend betrachtet war das damals schon sehr nahe an New Work, was wir da lebten. Der Versuch diese erfolgreiche Mixtur aus Erfahrung und Persönlichkeit dann in einem beliebig reproduzierbaren Prozess zu kippen ging aber schief. Gute Menschen lassen sich ungern in ein Schema pressen und umgekehrt zogen wir bei der Einstellung nicht mehr diejenigen an, die sich einbringen wollten, sondern die Befehlsempfänger.

New Work-Prinzipien zu nehmen und damit Old Work-Prozesse zu bedienen funktioniert nicht ohne den Verlust der Eigenschaften, die man eigentlich haben will (Ein Teufelskreis 😉

Kulturwandel von oben?

Der Weg funktioniert also schon mal nicht. Aber wie sieht es andersherum aus?

Der Kulturwandel ist allerdings ein ziemlicher Brocken für die meisten grösseren Unternehmen. Schliesslich sind diese auf Old Work ausgerichtet, eine neue Kultur ist nur sehr schwer bis gar nicht durchsetzbar. Das mögen Viele nicht gerne lesen oder hören wollen, ich meine es aber ernst.

Lippen- und Posterbekenntnisse à la “Wir haben das Wohl des Kunden im Auge” oder “Der perfekte Service ist unser Ziel” und ähnliche Mission Statements hat sicher der eine oder die andere schon an Flurwänden tapeziert wahrgenommen. Gerne schlecht beleuchtet, ausgeblichen und rissig. Das funktioniert nicht. Das ist nicht New Work, sondern (very) Old School. Oder nur ein Deckmäntelchen beziehungsweise Baustellenschild à la “Hier entsteht was ganz grosse Neues … bleiben Sie dran und schauen sie wieder rein”.

Um es konkret zu sagen: Ein Zoo bleibt auch dann ein Zoo, wenn ich die Gehege neu streiche, die Gitter besser abpolstere oder die Wände gläsern mache. Die Direktion hat das entschieden und die Insassen haben jetzt gefälligst Freude an der Arbeit zu haben. Eine detailliertere Sicht bietet dieser Beitrag von Alexander Müller „Unbequeme Wahrheiten“ im Blog der codecentric AG.

Wie aber dann?

Ein positives Beispiel einer New Work-Kultur ist für mich ein früherer Arbeitgeber. Seit der Gründung der Firma haben die Angestellten die Freiheit aber auch die Verpflichtung das Beste zu geben und sich selbst in die Firma einzubringen. Sie sind weitestgehend frei in der Gestaltung der Arbeit, können sich für die Projekte entscheiden oder bewerben, die ihnen am meisten zusagen, und liefern dann entsprechend qualitativ hochwertige Arbeit ab. Auf die Ausgestaltung der Büros haben die MitarbeiterInnen genauso Einfluss wie auf die Weiterbildung, die im Rahmen einer 20%-Zeit erfolgt. (20% der Arbeitszeit stehen zur freien Verfügung und können ausgestaltet werden, wie der/die ArbeitnehmerIn es möchte).

Natürlich muss auch der eine andere saure Hering geschluckt werden; das gehört im Dienstleistungs-Business dazu. Das geschieht jedoch nur in Ausnahmefällen und niemand „versauert“ jahrelang beim selben Kunden, wenn er oder sie das nicht will. Daher passt die Stimmung. Und das wirtschaftliche Ergebnis der Firma. Das neu gebaute Hauptquartier hat einen Kicker im Angebot, einen Billardtisch und diverse andere Nettigkeiten. Die sind aber das Ergebnis der Kultur und nicht das Zuckerbrot, das um eine Peitsche gewickelt wird.

Die Herausforderung, die sich permanent stellt, ist: Wie lässt sich diese Kultur aufrecht erhalten? Und das geht nur mit dem Willen zum Wandel, zur Anpassung von Prozessen und vor allem mit Kommunikation.

Angst nehmen leicht gemacht. Lass uns drüber reden

Eine grosse Herausforderung für viele Unternehmen sind Kulturkämpfe bzw. drastische Änderungen wie zum Beispiel Firmenfusionen. Da gibt es Zukunftsängste und Befindlichkeiten auf allen Seiten. Ein anderes Beispiel ist die Verlegung des Firmensitzes oder die Zusammenführung zweier Standorte. Konkret haben wir bei Rayaworx es tatsächlich geschafft jemanden die Angst vor dem Umzug in ein ungewohntes Grossraumbüro zu nehmen. Die Vorurteile waren: Da ist es laut, man kann nicht ungestört arbeiten, da komm ich ja zu nichts.

Nach einer Woche bei uns im Space haben sich diese Sorgen stark reduziert. Es hat einfach funktioniert – bei gegenseitiger Rücksichtnahme und direktem Ansprechen von Dingen, die störend waren – Zauberwort Kommunikation. Für mich der Schlüssel zu Neuer Arbeit überhaupt.

Kommunikation New WorkDie klassische Prozesskultur regelt nach Möglichkeit alles; und damit muss ich nicht mehr kommunizieren, also nicht mehr mit meinen Kollegen reden – es gibt ja Regeln dafür, auf die ich auch stumm hindeuten kann ohne ein Wort wechseln zu müssen. Meiner Meinung nach müssen wir alle wieder mehr Wert auf die direkte Kommunikation legen um eine neue Arbeitswelt zu gestalten. Prozesse und Regeln können wunderbar von Automaten ausgeführt und eingehalten werden; das was dann überbleibt, also die Ausnahmefälle, für die es noch keine Regeln gibt, das muss im direkten Kontakt gelöst werden. Oder liege ich da komplett falsch?

Veränderung annehmen und aktiv mitgestalten

Glücklicherweise machte ich am Anfang meiner beruflichen Laufbahneine der wertvollsten Erfahrungen überhaupt: Nichts bleibt lange wie es ist. Veränderung ist normal und Widerstand zwecklos. Jeder entscheidet dabei selbst, ob sich die Veränderung positiv oder negativ auswirkt.

Zum Beispiel war mehr als einmal bei Firmen angestellt, die von anderen Unternehmen übernommen wurden – eine ziemlich drastische Veränderung. Die Akquisitionen liefen jedes Mal anders ab. Einmal bekam ich den Anstoss mich selbst zu verändern, da ich mit der neuen Kultur so gar nichts anfangen konnte. Und ich hatte innerhalb von nur einer Woche einen neuen Job, der nicht nur spannender war, sondern auch noch besser bezahlt wurde. Bei der nächsten Übernahme ergaben sich dann innerhalb der Firma so viele neue interessante Möglichkeiten, so dass ich blieb und mich richtig schön weiter entwickeln konnte.

Ich hatte in allen Fällen die Möglichkeit mich selbst zu entscheiden, wie es weiter geht. Hand hoch, wer von euch hat schon mal gesagt: „Wow, das war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe!“ nachdem er oder sie sich etwas getraut und verändert hat? Na? Das haben schon viele mal erlebt. So, erinnert ihr euch noch an das Gefühl dabei? Genau. Diese überraschte, tiefe Zufriedenheit, dieser Stolz die Entscheidung getroffen zu haben, dieses „Na, geht doch“-Gefühl.

Exakt dieses Gefühl stellt sich bei mir immer ein, wenn ich etwas fertig gemacht habe, von dem ich am Anfang nicht so genau wusste, ob und wie es geht. Selber die Veränderung gestalten und das Ergebnis sehen und fühlen, dass macht viel von New Work aus. Mach Dein Ding: Wenn ich es mir nicht aussuchen kann, dass sich etwas verändert, will ich wenigstens die Freiheit haben das zu gestalten, wie ich will.

Beton? Lego!

Ein Kennzeichen von Old Work ist ja die Unflexibilität – alles ist in feste Prozesse gegossen wie in Beton und Veränderung ruft das Change Management auf den Plan. Veränderung ist also nicht Teil der Kultur, sondern wird als Sonderfall betrachtet, der erst vom Management begutachtet und bewertet werden muss. In einem solchen Umfeld werde ich als Mitarbeiter nicht wirklich lernen können Veränderung anzunehmen, oder sogar herbeizuführen.

Innovation verlangt aber genau das, nämlich die Bereitschaft verändern zu wollen und das auch zu dürfen. Warum das gerade angesprochene Change Management Gift für Innovation ist lässt sich wunderbar hier nachlesen bei Lars Volmer „Let’s talk about Change, Baby“.

Wenn wir den Beton durch etwas Agiles wie Lego-Bausteine ersetzen, lassen sich schlechte Resultate nämlich gleich wieder ausgleichen oder neu gestalten – stabil ist es trotzdem noch. Die Spielregeln müssen mir erlauben mal etwas auszuprobieren, ein berufliches Passion Project zu verfolgen, etwas wieder einzureissen, wenn es nicht funktioniert und neu anzufangen.

New Work / Old Work Illustration

Fazit

Wir alle haben die Chance die Arbeitswelt zu verändern und zum Vorteil jedes Einzelnen umzugestalten. Ob in der Selbstständigkeit oder auch in einem Unternehmen. New Work heisst für mich: Die Möglichkeiten nutzen, die uns nicht nur die neue Technologie bieten und Veränderungen selbst herbei führen. Vielleicht ist mein aktuelles Unternehmen zu unflexibel, aber ich kann ja mal fragen, ob sich die Idee, die ich habe, in einer ausgegründeten Firma umsetzen lässt. Fernab aller Zwänge und Prozesse, die sich über Jahrzehnte eingeschlichen haben.

Merkt ihr’s: Es ist wieder einmal die Kommunikation. Zu erfragen, ob es eine andere, passendere Organisation in der jeweiligen Unternehmens-Landschaft gibt, ob es möglich ist einen solchen zu starten. Falls ich mich nicht einbringen darf, dann bin ich wahrscheinlich besser bedient wenn ich mir eine Umgebung suche, in der ich das darf. Das Internet macht’s möglich. Oder in Netzwerken nachfragen. Der Ausgang aus der Abhängigkeit eben.

Illustrationen: DoSchu / Rayaworx mit canva.com

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Der Beitrag:

My New Work Teil 2 – Was tun?

erschien zuerst im Blog

rayaworx.eu

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